Um die Effekte auf die Zahnärzte in Deutschland etwas greifbarer zu machen, werden aktuell verschiedene Analysen und Umfragen von unterschiedlichen Stellen durchgeführt. In diesem Blog wollen wir die Ergebnisse dreier Untersuchungen übereinanderlegen und so ein aktuelles Stimmungsbild innerhalb der Zahnärzteschaft zeichnen. Die Darstellungen basieren dabei auf der „Zwischenauswertung zu Auswirkungen der Corona Krise in Zahnarztpraxen“ der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), dem „solvi Leistungsindex in der Coronavirus-Pandemie (SLIC)“ der FIBU-doc Praxismanagement GmbH und der Umfrage „Heilberufler in Zeiten von Corona“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank).
Zahnarztpraxen im Negativ-Trend
Viele Patienten sind aufgrund der aktuellen Situation verunsichert und verschieben ihre Termine beim Zahnarzt. Wer nicht gerade unter akuten Schmerzen leidet oder lediglich einen Zahnreinigungs- oder Kontrolltermin hat, verzichtet auf den Weg in die Praxis. Dies spiegelt sich auch in den Umsatz- und Patientenzahlen vieler Praxen wider. In einer Umfrage der apoBank geben knapp 90 Prozent der befragten Zahnärzte an, dass sie derzeit von einem Umsatz- und Patientenrückgang betroffen sind. Bei Betrachtung der Leistungsdaten aus dem Buchthaltungs- und Controllingtool solvi wird bereits Ende März ein Wegfall der zahnärztlichen Leistungen sichtbar (-35 Prozent). Dieser Trend hat sich über die letzten Wochen fortgesetzt und führt zu einem Minus von 46 Prozent im Vergleich zum Vormonat (Stand 30.04.2020).
Dabei sind sowohl fach- als auch altersspezifische Unterschiede auszumachen. Betrachtet man die Leistungsdaten der Prophylaxekräfte gesondert, so liegt der Rückgang aktuell bei 75 Prozent im Vergleich zum Monat Februar. Vergleicht man darüber hinaus die Anzahl der erbrachten Leistungen innerhalb verschiedener Altersgruppen, ergibt sich ein differenziertes Bild: Während die Leistungserbringung bei den Patienten in der Altersgruppe von 0 bis 39 Jahren lediglich um 30 Prozent zurückgeht, liegt das Defizit in der Altersgruppe von 40 bis 69 Jahren bereits bei 52 Prozent, bei den über 70jährigen sogar bei knapp 68 Prozent. Somit ist davon auszugehen, dass die derzeitigen Auswirkungen von Covid19 sowohl mit dem Behandlungsschwerpunkt als auch mit der Patientenstruktur einer Zahnarztpraxis in Relation stehen.
Waren- und Hilfsmittelbeschaffung bereitet Sorge
Die Reaktionen der Praxisinhaber im Umgang mit der Krise sind vielfältig. Aus der Umfrage der BZÄK ergibt sich, dass die Öffnungszeiten der befragten Praxen um fast die Hälfte reduziert wurden. Betrachtet man die Reduktion des Praxisbetriebs auf reine Notfallbehandlungen, variieren die Angaben je nach Bundesland laut BZÄK stark. Eine genaue Aufstellung steht hier noch nicht zur Verfügung. Ein zentraler Grund dafür sind die gesetzlichen Vorschriften und Empfehlungen der Berufsorganisationen in den jeweiligen Ländern. Insbesondere der Umstieg auf Kurzarbeit scheint bei vielen Praxisinhabern derzeit das Mittel der Wahl zu sein. Die BZÄK berichtet über alle Bundesländer hinweg von einem Anstieg von 59 bis 89 Prozent. Darüber hinaus haben laut apoBank-Umfrage 20 Prozent der Praxen staatliche Unterstützung beantragt, in Zukunft können sich diesen Schritt weitere 64 Prozent vorstellen. Zur Überbrückung der aktuellen Lage haben 14 Prozent der Zahnärzte eine Umschichtung von Privatvermögen vorgenommen. In Anbetracht der Herausforderungen der kommenden Wochen bereitet den befragten Zahnärzten insbesondere die Beschaffung von Waren und Hilfsmitteln (73 Prozent) sowie die Personalplanung (67 Prozent) Sorgen. Für jeden Zweiten könnte auch die Begleichung laufender Rechnungen, Kredite oder Gehälter problematisch werden.
Insgesamt liefern die verschiedenen Umfrageergebnisse und Analysen zu den aktuellen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die zahnärztliche Versorgung einen ersten Richtwert. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass jede Praxis nun ganz individuell prüft, wie stark sie von den Auswirkungen betroffen ist und welche Hilfe- und Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Es bleibt zu hoffen, dass es durch die in Kürze angestrebten Lockerungen des Ausgangs- und Kontaktverbots zeitnah zu einer Normalisierung in den Praxen kommen und das Behandeln wieder hochgefahren wird - schließlich bleibt dies der Mittelpunkt des zahnärztlichen Tuns. Dennoch bietet die Krise durchaus Chancen: Insbesondere in Anbetracht der derzeitigen Nutzung von digitalen Anwendungen eröffnen sich auch für Zahnärzte neue Möglichkeiten zur Behandlung, Praxisorganisation und Fortbildung. Zudem wurden jüngst Abschlagszahlungen für Zahnärzte zur Überbrückung der aktuellen Liquiditätsengpässe beschlossen. Dabei wird den Zahnärzten 90 Prozent der Gesamtvergütung der vertragsärztlichen Leistungen aus 2019 gewährt, die in den Folgejahren zurückgezahlt werden sollen.